Hausdurchsuchungen
als
finanzstrafrechtliche Verfolgungshandlung

Im Rahmen einer finanzstrafrechtlichen
Strafverfolgung ist u. a. das Zwangsmittel der Hausdurchsuchung
vorgesehen. Dieses Zwangsmittel im Rahmen des
Untersuchungsverfahrens kann im verwaltungsbehördlichen wie im gerichtlichen
Strafverfahren gleichermaßen eingesetzt werden.

Unter Hausdurchsuchungen versteht man gemäß
§ 93 Abs. 2 FinStrG bzw. § 139 Abs. 1 StPO Durchsuchungen von Wohnungen und
sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-,
Gewerbe- oder Betriebsräumen.

§ 93 Abs. 1 FinStrG
verlangt für eine Hausdurchsuchung einen
mit Gründen versehenen Befehl („Durchsuchungsbefehl“). Dieser Hausdurchsuchungsbefehl muß vom
Vorsitzenden des Spruchsenates (vgl. § 66 Abs. 2 FinStrG) erlassen werden.
Grundsätzlich ist der Durchsuchungsbefehl bei Beginn der Durchsuchung dem
anwesenden Betroffenen vorzuweisen („zuzustellen“). Bei Nichtanwesenheit
ist der Befehl zu hinterlegen (vgl. § 23 ZustellG). Unter bestimmten
Voraussetzungen (Gefahr in Verzug) kann der Durchsuchungsbefehl binnen 24
Stunden nachgereicht werden.

Neben dem Hausdurchsuchungsbefehl müssen gemäß §
93 Abs. 2 noch folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. Es muß ein konkreter
Verdacht wegen Begehens eines bestimmten Finanzvergehens existieren. Ein bloßer
Verdacht genügt nicht, vielmehr wird ein begründeter Tatverdacht (vgl.
Erkenntnis des VfGH, VfSlg 12.849) vorausgesetzt.

2. Es muss der
begründete Verdacht vorliegen, dass sich eine der Tat verdächtige Person in den
Räumlichkeiten aufhält oder dass sich dort Gegenstände befinden, die
voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder als Beweismittel in Betracht
kommen. Es reicht aber z. B. nicht aus, wenn nur allgemein nach Sachen gesucht
wird. Die gesuchten Gegenstände müssen präzisiert werden können.

3. Außerdem muss nach
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Hausdurchsuchung
im Verhältnis zur Bedeutung der Tat stehen, und es wird zu
prüfen sein, ob nicht ein gelinderes Mittel zur Verfügung steht.

4. Dem Betroffenen ist
vor Beginn der Durchsuchung die Gelegenheit zur Herausgabe des Gesuchten bzw.
zur Beseitigung der Durchsuchungsgründe zu geben. Wenn der Betroffene
freiwillig mitwirkt, bedarf es daher der Zwangsmaßnahme der Hausdurchsuchung nicht.

Für Hausdurchsuchungen im gerichtlichen
Strafverfahren müssen die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein.

Für Hausdurchsuchungen bei
Wirtschaftstreuhändern, Rechtsanwälten und Notaren ist die Beiziehung eines
Vertreters der jeweiligen Kammer vorgesehen (u. a. Erlass des BMF vom 12.
Oktober 1981, AÖFV 274/1981). Gemäß diesem Erlass ist daher bei gerichtlichen
und verwaltungsbehördlichen Hausdurchsuchungen
bei Wirtschaftstreuhändern die WT- Kammer davon zu
verständigen, dass eine Hausdurchsuchung
bei einem (nicht namentlich genannten) Kammerangehörigen
vorgenommen werden wird. Daher wird die Kammer eingeladen, einen Vertreter zu
einem vereinbarten Treffpunkt zu senden. Bei Gefahr in Verzug kann die
Verständigung der Kammer auch erst vom Ort der Durchsuchung aus erfolgen. Gegen
den Willen des Betroffenen hat die Zuziehung des Kammervertreters aber
jedenfalls zu unterbleiben.

Abschließend eine
Liste von Hinweisen als Hilfe im Ernstfall:

1. Hausdurchsuchungsbefehl: Grundsätzlich
muss dem Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung der „Hausdurchsuchungsbefehl“ zugestellt
werden (§ 93 Abs. 1 FinStrG bzw. § 140 Abs. 3 StPO).

2. Möglichkeit zur
freiwilligen Herausgabe:
Grundsätzlich ist gemäß § 94 Abs. 2 FinStrG bzw. §
140 Abs. 1 StPO dem Betroffenen Gelegenheit zur freiwilligen Herausgabe der gesuchten
Sache bzw. zur Beseitigung der Gründe für die Durchsuchung zu geben.

3. Anwesenheit
während der Durchsuchungshandlung:
Der Inhaber der Räumlichkeiten, die
durchsucht werden sollen, ist aufzufordern, der Durchsuchung beizuwohnen (§ 94
Abs. 3 FinStrG bzw. § 142 Abs. 2 StPO). Ist der Inhaber verhindert oder
abwesend, so ist eine erwachsene Person (Familienmitglied, Angestellte …)
aufzufordern, der Amtshandlung beizuwohnen (§ 94 Abs. 4 bzw. § 142 Abs. 2
StPO).

4. Vertrauenspersonen:
Auf Verlangen des Betroffenen können zwei Vertrauenspersonen bei der Hausdurchsuchung anwesend sein. Mit
der Durchsuchung ist bis zum Eintreffen der Vertrauenspersonen zuzuwarten,
sofern dadurch die Amtshandlung nicht unangemessen verzögert oder ihr Erfolg
gefährdet wird (§ 93 Abs. 5 FinStrG bzw. Erlass des BMF vom 12. Oktober 1981,
AÖFV 274/1981). Der Betroffene muss auf das Recht der Zuziehung von
Vertrauenspersonen ausdrücklich hingewiesen werden (vgl. § 57 Abs. 3 FinStrG).
Er kann daher befreundete Berufskollegen oder einen Rechtsanwalt beiziehen.

Aufgrund des erwähnten
Erlasses des BMF ist die Kammer der WT von der Hausdurchsuchung
vorher zu verständigen. Der Kammervertreter hat vor allem die
Funktion, die Voraussetzungen für die Beschlagnahme von Klientenunterlagen zu
überwachen. Es kann verlangt werden, dass vom Vorsitzenden des Spruchsenates
mittels Bescheid über die Zulässigkeit der Beschlagnahme abgesprochen wird.

5. Protokoll über
den Verlauf der Durchsuchung:
Über das Ergebnis der Durchsuchung ist eine
Niederschrift aufzunehmen. Dem Betroffenen ist auf sein Verlangen binnen 24
Stunden eine Bescheinigung über die Vornahme der Durchsuchung, deren Gründe und
deren Ergebnis auszufolgen (§ 93 Abs. 6 FinStrG bzw. ähnlich § 142 Abs. 4
StPO).

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