Grundsätzlich erstellt der leistende Unternehmer eine Rechnung für seine geleistete Arbeit. Es ist jedoch auch denkbar, dass anstatt des Leistenden der Kunde eine Gutschrift über die erhaltene Arbeit ausstellt. Dies kann beispielsweise dann praktikabel sein, wenn das genaue Entgelt für eine Leistung von vornherein nicht festgelegt ist. Dieses Prinzip lässt sich anhand eines Beispiels verdeutlichen: Eine Autorin verfasst ein Manuskript und überlässt einem Verlag das Recht, den Text zu nutzen, Bücher zu drucken und zu verkaufen. Pro verkauftem Exemplar erhält die Autorin einen fixen Betrag. Nun könnte der Verlag der Autorin mitteilen, wie viele Bücher in einer Abrechnungsperiode verkauft wurden und die Autorin legt ihre Honorarnote an den Verlag. Alternativ kann der Verlag eine Gutschrift an die Autorin über das vereinbarte Entgelt erstellen und diese an die Autorin auszahlen.

Diese sogenannte Abrechnung im Gutschriftsverfahren hat den Vorteil, dass der leistende Unternehmer (im obigen Beispiel die Autorin) nicht selbst eine Rechnung ausstellen muss. Aus umsatzsteuerlicher Sicht besteht hier allerdings eine Gefahrenquelle, insbesondere für Kleinunternehmer. Während der Kleinunternehmer (die Autorin) in seiner Rechnung an Kunden keine Umsatzsteuer ausweisen darf und somit keine Umsatzsteuer schuldet, könnte es passieren, dass diese Tatsache dem Kunden (hier dem Verlag) nicht bekannt ist. Im Rahmen der Abrechnung im Gutschriftsverfahren passiert umsatzsteuerlich dann der Fehler, dass der Kunde eine Gutschrift für die erhaltene Arbeit erstellt und darauf Umsatzsteuer ausweist, die er sich als Vorsteuer abzieht, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Widerspricht der leistende Unternehmer (Kleinunternehmer) nicht unverzüglich nach Erhalt der unrichtigen Gutschrift und verlangt eine neuausgestellte Gutschrift ohne Ausweis von Umsatzsteuer, so schuldet er diese Umsatzsteuer aufgrund der Ausstellung der Gutschrift durch seinen Kunden (Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung). Diese Umsatzsteuer ist an das Finanzamt zu bezahlen, auch wenn der leistende Unternehmer eigentlich Kleinunternehmer ist. Erst durch eine Rechnungskorrektur durch den Aussteller der Gutschrift fällt die Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung weg.

Kleinunternehmer sollten also, sofern im Gutschriftsverfahren abgerechnet wird, ihren Kunden darauf hinweisen, dass sie umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer sind und dass auf der Gutschrift (Rechnung) keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf. Wird dennoch Umsatzsteuer ausgewiesen, ist es besonders wichtig, dass der Gutschrift unverzüglich, am besten schriftlich, widersprochen wird und der Kunde aufgefordert wird, eine korrigierte Gutschrift auszustellen. Eine Korrektur durch den Kleinunternehmer selbst (z.B. durch Wegstreichen der Umsatzsteuer) wird umsatzsteuerlich nicht akzeptiert, da jene Partei die Gutschrift zu korrigieren hat, die diese ausgestellt hat.

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