Im Rahmen von Betriebsprüfungen kann es dazu kommen – insbesondere, wenn Aufzeichnungen unvollständig sind und Nachweise fehlen – dass die Finanzbehörde als letzten Ausweg eine Schätzung der Bemessungsgrundlage androht. Der VwGH hatte sich unlängst (GZ 2012/13/0068 vom 27.1.2016) mit den Anforderungen an eine Schätzung der Bemessungsgrundlage durch die Betriebsprüfung auseinanderzusetzen. Im Fokus stand dabei ein Taxiunternehmer für Mietwagenverkehr und sonstige Personenbeförderung, bei dem die Betriebsprüfung mehrere Aspekte der Gewinnermittlung sehr kritisch betrachtete. So wurde etwa die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel gezogen, da häufig auftretende „Doppel- und Mehrfachlosungen“ (Entgelte für Taxifahrten) üblicherweise bei einem Taxiunternehmen nicht vorkämen, da es eine Vielfalt an Strecken zu befahren gelte. Außerdem stellte die Betriebsprüfung mittels Treibstoffintervallverprobung fest, dass die Treibstoffverrechnung möglicherweise nicht in Ordnung sei und in Folge die angegebene Kilometerleistung und die Erlöse in Frage zu stellen sind. Aus diesen und weiteren Umständen leitete die Behörde das Recht zur Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage des Taxiunternehmens ab.
Der VwGH betonte in seiner Entscheidungsfindung, dass das Ziel einer Schätzung sein muss, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wenngleich jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist. Die Abgabenbehörde hat die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Es sind dabei alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Demnach müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge (somit auch die anzuwendende Schätzungsmethode) schlüssig und folgerichtig sein und das Schätzungsergebnis mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen. Dabei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auch auf alle vom Steuerpflichtigen substantiiert vorgetragenen und für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen. Im konkreten Fall war etwa die vom Taxiunternehmen vorgebrachte Begründung für die höheren (als branchenüblich) Leerfahrten schlüssig, da er als Wiener Taxi nicht berechtigt ist, am Flughafen Wien Schwechat (in Niederösterreich) am Taxistandplatz zu stehen und auf Kunden zu warten, um entsprechende Umsätze bei der Rückfahrt vom Flughafen zu erzielen.
Schätzungsergebnisse durch die Betriebsprüfung unterliegen auch der Begründungspflicht. Im vorliegenden Fall hat der VwGH dies als nichterfüllt angesehen und ist somit zu einem für den Steuerpflichtigen erfreulichen Ergebnis gekommen. An eine Schätzung werden hohe Anforderungen gestellt – insbesondere damit eine möglichst den tatsächlichen Begebenheiten entsprechende Besteuerung erfolgt und nicht eine automatische Mehrbelastung im Sinne einer Pönalisierung.