Verfassungsgerichtshof prüft die Frage der Verfassungsmäßigkeit
des 20 %-igen Beitragssatzes in § 8 FSVG
(Pressemitteilung)
(Verkündung des Prüfungsbeschlusses B 463/01, B 467/01 am 28.
Juni 2001, 10.00 Uhr)
Selbständig erwerbstätige Ärzte und Apotheker sind nach dem FSVG in der
Pensionsversicherung pflichtversichert. Auf sie findet im Wesentlichen das Versicherungs-
und vor allem auch das Leistungsrecht des GSVG, also das Versicherungsgesetz
der Gewerbetreibenden, Anwendung. Die Beitragssätze in der Pensionsversicherung
betragen jedoch für die im GSVG genannten Versicherten 14,5 %, für Ärzte
und Apotheker nach FSVG hingegen 20 %. Der Verfassungsgerichtshof hat nun
den Beschluss gefasst, gemäß Art. 140 B-VG die Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung
zu untersuchen und eine Wortfolge in § 8 FSVG von Amts wegen zu prüfen. Anlaß
des Prüfungsverfahrens sind Bescheidbeschwerden eines Arztes und einer Apothekerin
gegen die jeweilige Beitragsvorschreibung.
Bereits im Jahre 1981 hatte der Verfassungsgerichtshof ein gleichartiges Gesetzes-prüfungsverfahren
eingeleitet, die Bestimmung dann jedoch nicht als verfassungswidrig aufgehoben,
da er damals zwischen dem Leistungsrecht der nach dem GSVG Versicherten und
dem FSVG-Leistungsrecht dann doch Unterschiede feststellen konnte, welche die
unterschiedliche Beitragshöhe sachlich rechtfertigten (Erkenntnis VfSlg. 9365/1982).
Die Unterschiedlichkeit des Leistungsrechts bezog sich vor allem auf die Möglichkeit
der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen, neben ihrer Erwerbstätigkeit eine
Alterspension zu beziehen, während ein GSVG-Versicherter keinerlei Möglichkeit
hatte, auch nur eine durch Ruhensbeträge reduzierte Pension zu beziehen, solange
er seine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit noch ausübte.
Diese Unterschiede wurden offenbar mit Gesetzesnovellen der Jahre 1991 und 1993
beseitigt. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher veranlasst, die Bedenken
wieder aufzugreifen, die ihn bereits im Jahr 1981 zur amtswegigen Prüfung der
unterschiedlichen Beitragssätze bewogen hatten.
Im Gesetzesprüfungsverfahren wird Gelegenheit zur Erörterung einer Frage grundsätzlicher
Natur sein, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss aufgeworfen
hat: Sollte sich herausstellen, dass sich die wirtschaftliche Situation der
Ärzte und Apotheker von jener der Versicherten nach dem GSVG in besonders günstiger
Weise unterscheidet, dann wird zu klären sein, ob dieser Umstand aus verfassungsrechtlicher
Sicht eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte.
Da bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft rund 5600
Anträge auf bescheidmäßige Feststellung der Beitragspflicht gemäß § 8 FSVG eingebracht
wurden, hat der Verfassungsgerichtshof erklärt, für den Fall der Aufhebung der
in Prüfung gezogenen Wortfolge die sogenannte „Anlassfallwirkung“
auf jene Verfahren, die bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen
Wirtschaft oder im Einspruchsverfahren bei einem Landeshauptmann anhängig sind,
zu erstrecken. Da die parlamentarische Behandlung einer geplanten Verfassungsänderung,
die gerade in solchen Fällen eine Überschwemmung und Lahmlegung des Verfassungsgerichtshofes
mit tausenden Fällen verhindern soll, ins Stocken geraten ist und offenbar derzeit
nicht weiter beraten wird, versucht der Verfassungsgerichtshof auf diese Weise
die Betroffenen davon abzuhalten, alle 5600 Fälle wegen der Anlassfallwirkung
an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Unsere Meinung dazu:
Um sich die Bearbeitung von mehreren tausend Beschwerden
zu ersparen, will der Verfassungsgerichthof die Anlassfallwirkung auch auf alle
Verfahren erstrecken, die bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen
Wirtschaft anhängig sind. Es macht daher Sinn bei der Sozialversicherungsanstalt
einen Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung des Beitragssatzes und um Rückzahlung
der in den letzten 5 Beitragsjahren zuviel geleisteten Beiträge zu stellen.
Zur näheren Information setzen Sie sich am besten mit Ihrer Berufsvertretung
oder Ihrem Steuerberater in Verbindung.