Bevor noch die in der Steuerreform 2000 normierte 2-Jahresfrist für den Spekulationszeitraum
wirksam geworden ist, wurde mit dem KMOG die bisherige Rechtslage (einjährige
Behaltefrist) wiederhergestellt.
Im Kapitalmarktoffensive‑Gesetz (KMOG) ist die Besteuerung von Spekulationsgewinnen
ab 2001 wie folgt geregelt:
- Die Spekulationsgewinnsteuer gilt gemäß § 30 EStG für Verkäufe von Anteilen
an Kapitalgesellschaften von unter 1%. Wird dieser Prozentsatz erreicht oder
überstiegen, besteht Steuerpflicht nach § 31 EStG (Veräußerung von Beteiligungen). - Substanzgewinne bei Investmentfonds: Hinweis auf Pkt. 6 des vorhergehenden
Artikels. Je nach Fonds‑Art: Normalbesteuerung, 25% Sonderbesteuerung,
5% pauschale KESt, 2,5% KESt Sicherungssteuer“ (0,2% p.m. bei unterjährigem
Verkauf) sowie steuerfrei.
Ermittlung des Spekulationsgewinnes
- Wird ein konkretes Wertpapier binnen Jahresfrist nach der Anschaffung verkauft,
unterliegt der Differenzbetrag zwischen Anschaffungskosten zuzüglich Nebenkosten
(Bankspesen) und Verkaufserlös abzüglich Werbungskosten (Bankspesen) dem
normalen Einkommensteuertarif, wenn die Freigrenze von S 6.000,‑ p.a.
überstiegen ist. - Berechnungsprobleme ergeben sich, wenn gleiche Wertpapiere zu verschiedenen
Zeitpunkten in unterschiedlicher Stückzahl zu unterschiedlichen Kursen angeschafft
bzw. verkauft werden. In diesem Fall ist die Anwendung der Spekulationsfristen
auf den einzelnen Veräußerungsvorgang umstritten. Vermischen sich die früher
und die später angeschafften Anteile (z.B. GmbHAnteile) oder lässt sich nicht
feststellen, welche Anteile vorher angeschafft worden sind, wird vom BMF eine
Verhältnisrechnung verlangt, welche in der Fachliteratur mit der Begründung
abgelehnt wird, dass der Veräußerer bestimmen könne, welcher Anteil veräußert
wird. Zu differenzieren ist jedenfalls zwischen GmbH‑Anteilen und anderen
Wertpapieren.
GmbH‑Anteile
Das BMF steht in einer Anfragebeantwortung vom 18.
Juni 1991 auf folgendem Standpunkt:
Zu verschiedenen Zeitpunkten angeschaffte GmbHAnteile
stellen laut GmbH‑Gesetz ein einheitliches Wirtschaftsgut dar. Der Steuerpflichtige
kann daher nicht bestimmen, welche ‑ der zu verschiedenen Zeitpunkten
erworbenen ‑ Anteile veräußert werden. Wird ein Anteil dazuerworben und
innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist ein Teil des einheitlichen Geschäftsanteiles
veräußert, ist eine Aufteilung des Gewinnes auf Spekulationsgeschäft bzw. Beteiligungsveräußerung
vorzunehmen. Da in der Regel die Beteiligung an einer GmbH wenigstens 1 % beträgt,
handelt es sich diesfalls ab 2001 bereits um eine Beteiligungsveräußerung, bei
der die Behaltefrist keine Rolle spielt.
Andere Wertpapiere
Mit der Steuerreform 2000 wurde in § 30 Abs. 8 Zi 4
und 5 EStG für Depotgeschäfte eine Regelung zur Ermittlung der Spekulationsgewinne
normiert. Obwohl dieses Gesetz nie in Kraft getreten ist, bietet sich die Berechnungsmethode,
welche in den hiezu ergangenen Sondervorschriften angeführt ist, als praktikable
Lösung an. Für Aktien ist sie allerdings nur insoweit anwendbar, als die Beteiligung
nicht 1% erreicht, da ab dieser Beteiligungshöhe ab 2001 nicht mehr ein Spekulationsgeschäft,
sondern eine Beteiligungsveräußerung vorliegt.
Vorerst ist allerdings zu entscheiden, welche Berechnungsmethode
anzuwenden ist. Entweder die vom Fiskus favorisierte Verhältnisrechnung oder
die in der Fachliteratur bevorzugte direkte Zurechnungsmethode. Auf Basis des
folgenden Beispieles ergeben sich wie dargestellt unterschiedlich hohe Spekulationsgewinne.
Welche Methode für den Steuerpflichtigen günstiger ist, hängt von den konkreten
Verhältnissen ab und kann nicht allgemeingültig festgelegt werden.
Der Berechnungsmethode lt. Verhältnisrechnung liegt ein zweistufiges Verfahren
wie folgt zugrunde:
1. Stufe: Ermittlung der einjährigen Behaltefrist nach der FIFO‑Methode.
Veräußerungen sind stets den ältesten Anschaffungen zuzuordnen.
2. Stufe: Ermittlung der Anschaffungskosten der verkauften Papiere mittels
gleitendem Durchschnittswertverfahren.
Praxishinweis:
Die Theorie hört sich aber leichter an, als sie in die Praxis umzusetzen ist.
Bei einem umfangreichen Depot kann die Veräußerungsgewinnermittlung äußerst
kompliziert und arbeitsaufwendig sein. Dies insbesondere dann, wenn der Depotmanager
sein Hauptaugenmerk auf die Performance richtet, ohne auf Behaltefristen Rücksicht
zu nehmen.
Für diese Zwecke ist unbedingt von der Bank eine Wertpapiertransaktionsaufstellung
anzufordern, aus der folgende Daten ersichtlich sein müssen: Je Wertpapierart,
der Zeitpunkt und die Stückzahl der angeschafften und verkauften Wertpapiere,
deren Kurswert bzw. Anschaffungskosten, Erlöswert sowie die jeweils zuzuordnenden
Bankspesen.
Schlussbemerkung
Depotinhaber werden von den Banken darauf hingewiesen, dass die Spekulationsgewinne
selbst zu berechnen sind bzw. der Steuerberater hiefür zuständig sei. Die Depotbank
verweist in der Regel darauf, dass sie die steuerpflichtigen Gewinne aus berufsrechtlichen
Gründen nicht ermitteln dürfe. Der Depotinhaber geht möglicherweise davon aus,
dass seine Wertpapiere ohnedies endbesteuert sind und verlässt sich auf die
Bank, die das schon richtig machen wird. Dass es keine Endbesteuerung von Spekulationsgewinnen
gibt, ist ihm möglicherweise gar nicht bekannt. Es ist daher ausschließlich
Aufgabe des Depotinhabers für die Ermittlung und Erklärung der Spekulationsgewinne
selbst zu sorgen. Die Schwierigkeiten bei deren Berechnung sind evident. Aber
statt sie einfach zu vergessen, sollten die Spekulationsgewinne lieber falsch
als gar nicht erklärt werden, um den Vorwurf eines strafbaren Verhaltens zu
entkräften.