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Übergang der Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen in Zweifelsfällen

Bekanntermaßen wird die Qualität einer gesetzlichen Bestimmung am Umfang der hierzu ergangenen Kommentare gemessen. Zu der seit 1. Oktober 2002 geltenden Bestimmung des § 19 Abs. 1 a UStG (reverse charge system in der Bauwirtschaft) sind – leider zum Teil mit erheblicher Verspätung – bisher drei umfangreiche Erlässe ergangen, wobei weitere Zweifelsfälle immer noch offen bleiben. In der Klienten-Info November und Dezember wurde bereits auf diese Neuerung hingewiesen. Der dritte Erlass ergänzt die beiden bisherigen Erlässe und fügt sie in die UStR 2000 (RZ 2602 ff) ein, wobei zu weiteren Zweifelsfällen Stellung genommen wird.

Bauleistungen RZ 2602 c – f

Dort werden konkrete Einzelfälle angeführt, welche als Bauleistungen anzusehen sind und welche nicht. Der Grundsatz, dass im Zweifelsfall von einer Bauleistung auszugehen ist, bleibt aufrecht. Die unrichtige Annahme aber, dass keine Bauleistung vorliegt, bleibt jedoch nur dann ohne Folgen, wenn es endgültig zu keinem Steuerausfall gekommen ist. Diesen Umstand muss der Leistungserbringer nachweisen. Wie er aber das bewerkstelligen soll bleibt ein Rätsel, da dieser Umstand doch nur dem Fiskus bekannt ist, wenn der Leistende rechtskräftig veranlagt ist. Wieder einmal verlangt der Gesetzgeber vom Normunterworfenen nahezu unmögliches.

Richtige UID-Nummer

Der leistende Unternehmer ist seit 1. Oktober 2002 verpflichtet, in seine Rechnung die UID-Nummer des Leistungsempfangenden und ab 1. Jänner 2003 auch seine eigene UID-Nummer anzuführen. Die UID-Nummer ist ein Indiz für die Unternehmereigenschaft. Eine unrichtige UID-Nummer des Leistungsempfängers kann beim Leistenden eine Steuerschuld auslösen. Da die Verifizierung einer inländischen UID-Nummer aber verwaltungstechnisch nicht vorgesehen ist (Inländerdiskriminierung bei der UID-Abfrage), kann sie vom Steuerpflichtigen auch nicht überprüft werden. Aus diesem Grund entbindet der Fiskus den Unternehmer von der Überprüfung der Richtigkeit der UID-Nummer (USt Richtlinien RZ 1539). Wenn es dem Unternehmer aber ein Anliegen ist die Richtigkeit der UID-Nummer zu verifizieren, kann er sich auf das Auskunftspflichtgesetz als Ersatzlösung berufen.

In der Rechnung ist folgender Vermerk anzubringen:

Die Steuerschuld wird gemäß § 19 Abs. 1 a UStG 1994 vom Empfänger der Leistung geschuldet.

Tipp für die Praxis

Das „reverse charge system“ ist nur im Unternehmerbereich anzuwenden, wenn sowohl Leistender als auch Leistungsempfänger eine Bauleistung erbringen. Ist das Vorliegen einer Bauleistung strittig, kann das reverse charge system vereinbart werden. Im Zweifelsfall ist dem Übergang der Steuerschuld der Vorzug zu geben, denn damit ist gewährleistet, dass der Fiskus nicht zu Schaden kommt. Die formalistische Regelung wurde schließlich nur aus diesem Grund eingeführt.

Maßnahmen des Fiskus gegen die Baumafia

Zur Bekämpfung des organisierten Betruges in der Bauwirtschaft setzt der Fiskus die SEG (schnelle Eingreiftruppe) und die KIAB (Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung) ein. Allein in Wien gehen jedes Jahr an die 900 Baufirmen (meist Scheinfirmen) in Konkurs, wodurch dem Staat erhebliche Ausfälle an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen erwachsen. Als gesetzliche Gegenmaßnahme wurde im Umsatzsteuerrecht das „reverse charge system“ eingeführt. Diese Maßnahmen werden nun – wie berichtet wird – durch überhöhte Scheinrechnungen umgangen, die wohl eine höhere Umsatzsteuerabfuhr bedingen, aber Ertragssteuern (Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer) sparen.