Haus- und Personendurchsuchung durch die Finanzbehörde
Einleitung
Im Zuge einer finanzstrafrechtlichen Strafverfolgung kann u.a. das Zwangsmittel
der Hausdurchsuchung angewendet werden und zwar sowohl im verwaltungsbehördlichen
( = finanzstrafbehördlichen) als auch im gerichtlichen (Finanz)Strafverfahren.
Die Gerichte sind zur Durchführung des Verfahrens in der Regel dann zuständig,
wenn der Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet ( = strafbestimmender
Wertbetrag), 1 Million Schilling übersteigt.
Definition des Begriffes „Hausdurchsuchung“
Unter Hausdurchsuchung versteht man Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen
um Hauswesen gehörenden Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder
Betriebsräumen. Diese Räume werden nach einer Person oder einer Sache durchsucht,
von der der Behörde unbekannt ist, wo sie sich befindet. Weiß die Behörde bereits,
wo sich der Gegenstand befindet. kann sie diesen beschlagnahmen, diesfalls sind
die Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung nicht gegeben.
A) Verwaltungsbehördliches Verfahren
Rechtsquellen: §§ 93- 96 Finanzstrafgesetz
Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 16.12.1985 GZ. FS 130/S-IIU9/85
Rechtsgrundlage einer Hausdurchsuchung
Die Hausdurchsuchung kann nur auf Grund eines mit Gründen versehenen Durchsuchungsbefehls
(=Bescheid) des Vorsitzenden des Spruchsenates (= Richter) durchgeführt werden.
Die Begründung hat die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nach ihren wesentlichen
Merkmalen zu beschreiben und die in Betracht kommende Strafbestimmung anzuführen.
Weiters sind Angaben über die Art der gesuchten Beweismittel zu machen.
Der Durchsuchungsbefehl ist grundsätzlich bei Beginn der Durchsuchung dem Betroffenen
vorzuweisen (= zuzustellen). Unter bestimmten Voraussetzungen (Gefahr in Verzug)
kann der Durchsuchungsbefehl binnen 24 Stunden nachgereicht werden. In diesem
Fall sind dem anwesenden Betroffenen die Gründe für die Durchsuchung und für
die Annahme von Gefahr in Verzug mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift
festzuhalten.
Ausweispflicht der Behördenorgane
Die an der Amtshandlung teilnehmenden Behördenorgane haben sich zu deren Beginn
unaufgefordert auszuweisen.
Freiwillige Herausgabe von Gegenständen
Vor Beginn der Hausdurchsuchung ist der Betroffene aufzufordern. Das Gesuchte
freiwillig herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen
(bei Herausgabe bedarf es keiner Hausdurchsuchung). Von dieser Aufforderung
kann nur abgesehen werden, wenn Gefahr in Verzug ist.
Anwesenheit / Abwesenheit des Betroffenen
Der Inhaber der zu durchsuchenden Räumlichkeiten ist aufzufordern, der Durchsuchung
beizuwohnen. Ist dieser verhindert oder abwesend, so ist eine erwachsene Person
(Familienmitglied, Angestellte, ) aufzufordern, der Amtshandlung beizuwohnen.
Vertrauenspersonen
Auf Verlangen des Betroffenen sind der Hausdurchsuchung oder Personendurchsuchung
bis zu zwei von ihm namhaft gemachte Personen seines Vertrauens zuzuziehen.
Als Vertrauensperson kann auch ein Rechtsanwalt ein Notar, oder ein Wirtschaftstreuhänder
beigezogen werden.
Auch über dieses Recht ist der Betroffene zu belehren. Mit der Durchsuchung
ist bis zum Eintreffen der Vertrauensperson zuzuwarten, sofern dadurch die Amtshandlung
nicht unangemessen verzögert oder ihr Erfolg gefährdet wird.
Aussageverweigerungsrecht
Der Betroffene kann die Aussage verweigern -eine entsprechende Belehrung hat
von Amts wegen zu erfolgen. Das Schweigerecht gilt auch bei einer Hausdurchsuchung.
Der Betroffene sollte sich daher zunächst darauf beschränkten, seine Personalien
anzugeben und weitere Aussagen erst dann zu machen, wenn er sich mit seinem
Rechtsbeistand beraten hat. Der Betroffene darf nicht daran gehindert werden,
mit dem zugezogenen Rechtsbeistand zu sprechen.
Rechtsmittel gegen den Hausdurchsuchungsbefehl
Wurde ein Hausdurchsuchungsbefehl erlassen, so steht gegen diesen Bescheid
das Rechtsmittel der Beschwerde an den Vorsitzenden des zuständigen Berufungssenates
zu. Dies gilt auch für Fälle der Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt (z.B. bei Hausdurchsuchung ohne Bescheid bei Gefahr
in Verzug). Unrnittelbar wirksame Maßnahmen zur Verhinderung einer Hausdurchsuchung
sind im Gesetz nicht vorgesehen.
Zeitliche Zulässigkeit einer Hausdurchsuchung
Hausdurchsuchungen sind grundsätzlich bei Tag durchzuführen. Durchsuchungen
sind daher so anzuberaumen, dass sie (ausgenommen bei Gefahr in Verzug) bei Tageslicht,
jedenfalls nicht vor 6:00 Uhr früh, begonnen werden und voraussichtlich vor
22:00 Uhr abgeschlossen werden können. Begonnene Hausdurchsuchungen sind jedoch
zu Ende zuführen. Räumlichkeiten, in denen Nachtbetrieb üblich ist (z.B. Barbetrieb),
können auch bei Nacht durchsucht werden.
Niederschrift über eine Hausdurchsuchung
Über das Ergebnis der Durchsuchung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Dem
Betroffenen ist auf sein Verlangen sogleich oder binnen 24 Stunden eine Bescheinigung
über die Vornahme der Durchsuchung, deren Gründe und deren Ergebnis auszufolgen.
Insbesondere müssen in der Niederschrift festgehalten werden:
- Personalien sämtlicher an der Hausdurchsuchung teilnehmender Personen (Beamte,
Rechtsbeistand, Vertrauensperson); - Anträge, Vorbringen, Aussagen des Betroffenen bzw. seines Rechtsbeistandes;
- Vernehmung eines Betroffenen oder eines Zeugen.
B) Gerichtliches Finanzstrafverfahren
Rechtsquellen: §§ 195 ff Finanzstrafgesetz §§ 139 ff Strafprozessordnung
Rechtsgrundlage einer Hausdurchsuchung
Eine Haus- oder Personendurchsuchung im gerichtlichen Finanzstrafverfahren
ist in der Regel nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls
zulässig.
Der Durchsuchungsbefehl ist dem Betroffenen sogleich oder doch innerhalb der
nächsten 24 Stunden zuzustellen.
Freiwillige Herausgabe von Gegenständen
Vor der Durchsuchung ist der Betroffene in der Regel zu vernehmen; kann durch
die Vernehmung entweder die freiwillige Herausgabe des Gesuchten oder die Beseitigung
der die Durchsuchung veranlassenden Grunde herbeigeführt werden, ist die Durchsuchung
unzulässig.
Anwesenheit / Abwesenheit der Betroffenen
Der Inhaber der zu durchsuchenden Räumlichkeit ist aufzufordern, der Durchsuchung
beizuwohnen; ist dieser nicht anwesend oder verhindert, so ist ein erwachsenes
Mitglied der Familie, ein Hausgenosse oder Nachbar dazu aufzufordern, der Durchsuchung
beizuwohnen.
Gerichtszeugen
Jeder Durchsuchung sind ein Protokollführer und zwei Gerichtszeugen (volljährige,
unbescholtene, an der Sache unbeteiligte Personen, die ein Gelöbnis abgelegt
haben) beizuziehen.
Protokoll und Bestätigung
Über die Durchsuchung ist ein Protokoll aufzunehmen, das von allen Anwesenden
zu unterfertigen ist. Wurde nichts Verdächtiges ermittelt, so ist dem Betroffenen
auf sein
Verlangen eine Bestätigung darüber zu erteilen.
Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl
Bei Gefahr in Verzug kann eine Hausdurchsuchung auch ohne richterlichen Befehl
von Gerichtsbeamten oder Beamten der Sicherheitsbehörden angeordnet werden;
diesfalls hat der zur Vornahme der Durchsuchung Abgeordnete eine schriftliche
Ermächtigung vorzuweisen. In bestimmten gravierenden Fällen können die Sicherheitsorgane
auch aus eigener Macht eine Hausdurchsuchung vornehmen. In diesem Fall gibt
es keine schriftliche Grundlage für die Amtshandlung. Dem Betroffenen ist aber
binnen 24 Stunden eine Bescheinigung über die Vornahme der Hausdurchsuchung
und deren Gründe zuzustellen.
Rechtsschutz
Erfolgt die Durchsuchung aufgrund eines richterlichen Befehls, so ist gegen
diesen das Rechtsmittel der Beschwerde an die Ratskammer zulässig.
Liegt der Hausdurchsuchung kein richterlicher Durchsuchungsbefehl zugrunde
und schreiten Sicherheitsorgane aufgrund der Anordnung eines nichtrichterlichen
Gerichtsbeamten, eines Beamten der Sicherheitsbehörden oder aus eigener Macht
ein, so kann Beschwerde bei der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz gegen die
Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingelegt
werden.